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BAUERNHAUS   GENERALSANIERUNG

Bauherr:
Private Bauherren

Standort:
Oberschwaben

Baujahr: unbekannt
Sanierung: 1999



Das Projekt

Mehr als 10 Jahre war das schon lange Zeit im Besitz der Familie befindliche Bauernhaus leer gestanden, nur die Scheune wurde als Heulager genutzt. Das stattliche Anwesen hatte zu einer nahegelegenen Schlossanlage gehört. Indizien hierfür sind unter anderem die Quelle im Gewölbekeller und die Aussage der Dorfbewohner, die es als eines der ältesten, unmittelbar nach dem Schloss erbauten Häuser bezeichnen. Das genaue Baujahr ist allerdings unbekannt.

Für die Architekturstudentin war das renovieren des eigenen Hauses ein Lehrstück. Der typisch oberschwäbische Bauernhof wies so ziemlich alle Tücken auf, die ein total verbautes und seit zehn Jahren leer gestandenes Gebäude haben kann. Ihren Entwurf konnte Sie Dank des erfahrenen Stuttgarter Architekten Helmut Mögel fast eins zu eins umsetzen. Für die auf dem Lande aufgewachsenen Architekturstudentin also ein ideales Projekt. Neben dem Studium erarbeitete sie den Entwurf für die großangelegte Sanierung des betagten Gebäudes.

Mit der Bauleitung beauftragte Sie einen Bekannten der Familie, den Architekt Helmut Mögel. Eine ideale Konstellation, denn die Studentin konnte den Handwerkern tagtäglich auf die Finger schauen, dadurch zum einen viel lernen, zum anderen bei schwierigen Detailfragen nach Feinabstimmung mit dem erfahrenen Architekten gleich Vorort die richtigen Entscheidungen fällen.

Ein Beispiel: Konfrontiert mit der Aufgabe, eine alte Wand zu rekonstruieren meuterten die Handwerker und sagten, so krumm können man unmöglich mauern, schon gar nicht mit Hochlochziegeln. Nach einigen Überlegungen und Versuchen klappte es dann doch. Die Wand präsentiert sich jetzt wieder mit authentischer, statisch unbedenklicher Beule.

Im Prinzip konnte jeden Tag alles nur auf der Baustelle festgelegt werden, da das Haus keine einzige gerade Wand und keinen einzigen rechten Winkel besaß. Mangels Bestandsplänen wurde zwar alles neu aufgemessen. Ergebnis sind aber nur Zirkaangaben, die ohne weiteres um Zentimeter von den tatsächlichen Verhältnisse abweichen können und Vorort immer wieder kontrolliert werden müssen.
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Die Sanierung

Wiederherstellung lautet die Devise, als Wohnziel schwebte dem Ehepaar kein supermodernes, sondern vielmehr einfaches, ländlich leichtes Ambiente vor. Das Haus war total verbaut und sollte neben einer neuen, der original nachempfunden Raumaufteilung auch wieder ein historisch authentisches Erscheinungsbild abgeben. Es sollte statt der riesigen Fenster auch wieder kleine Fenster mit Klappläden bekommen, von denen nur noch die Angeln übrig geblieben waren. Die Eingangstüre war ganz woanders und vieles war einfach zugemauert worden.

Fenstersimse, ein gestalterisch wichtiger Aspekt der wieder hergestellten Fassade mussten großen Teils ersetzt werden. Aus Kostengründen wurden diese nicht aus Sandstein, sondern aus Beton hergestellt und anschließend sandfarben gestrichen. Die Haustürlaibung war noch vorhanden, wurde aber nach unten verlängert, um das Erdgeschoss um insgesamt 50cm tiefer legen zu können. Bis hinunter zum Gewölbekeller wurde der alte Boden abgetragen und komplett neu aufgebaut. Somit entstand eine komfortable Raumhöhe nach heutigen Wohnaspekten. Der Trakt, in welchem heute Wohn-, Schlafzimmer und Büro liegen, wurde früher ausschließlich als Heulager genutzt. Weil aber Heu in der heutigen Landwirtschaft nur noch in Rundballenform gelagert wird und sich die Ballen unterm Dach nicht übereinander stapeln ließen, wurde der Dachspitz irgendwann nicht mehr genutzt und dadurch nach und nach baufällig. Hinzu kam, dass die Vorbesitzer einfach Balken aus der Tragwerkskonstruktion herausgetrennt hatten, woraufhin das Dach einsackte. Man hätte das Dach also ohnehin sanieren müssen und entschloss sich auch wegen der schönen Aussicht, die Räume gleich für Wohn- und Bürozwecke auszubauen. Ein Warmdach, also eine außen liegende Dämmung mit Biberschwanzziegeln auf Hartschaumplatten, wurde gewählt, weil der gesamte Dachstuhl sichtbar bleiben sollte.

Aus Feuerschutzgründen musste im gesamten Bereich eine massive Betondecke eingezogen werden. Erdgeschoss und erster Stock des ehemaligen Landwirtschaftstraktes dienen nämlich nach wie vor zum Lagern von Heu. Deshalb ist die Holzverschalung der gartenseitigen Giebelfassade auch mit Lüftungsschlitzen ausgestattet. Die durch den Beton überflüssig gewordenen Balken konnten hausintern optimal zur Restauration kaputter Balken verwendet werden, da es im Hause früher einmal gebrannt hatte, die Schäden am Fachwerk aber damals aber einfach vergipst wurden.

Nach Fertigstellung der Sanierung zeigt sich besonders an heissen Sommertagen, dass das gesamte Gebäude durch ein überraschend angenehmes Klima überzeugen kann. Altbauten können eben in jeder Hinsicht überzeugen.


Planung und Konzept:
Die Bauherrin + Architekturbüro Mögel

Projektleitung:
Architekt Helmut Mögel

Fotonachweis:
Fachschriften-Verlag GmbH & Co. KG
Althaus modernisieren, Ausgabe 05-1999 ©